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Bedürfnisse-Wissen, was ich brauche

Mit sich selbst in Kontakt kommen

Viele Menschen haben den Kontakt zu sich selbst im Laufe ihres Lebens verloren. Vor lauter Aufgaben und Pflichten, haben sie sich Stück für Stück von sich selbst entfernt Es fällt ihnen schwer zu benennen, was ihnen gut tut und was sie brauchen, um sich wohl und zufrieden zu fühlen.

 

Für andere da zu sein und zu sorgen ist ihnen meist selbstverständlich, aber wenn es um die Sorge für das eigene Wohlergehen geht, bleiben sie oft ratlos. Wie soll das gehen, gut für sich selbst zu sorgen, geschweige denn liebevoll mit sich umzugehen?

 

Eine schöne Weise, sich selbst wieder näher zu kommen und zu üben, empathisch für sich selbst zu sorgen, ist die Beschäftigung mit den eigenen Bedürfnissen.

Meine Bedürfnisse-Wissen, was ich brauche

Es gibt eine ganze Menge unterschiedlicher Bedürfnistheorien. Eine, die mich schon eine ganze Weile begleitet und mit der ich gerne auch in meinen Coachings arbeite, ist die aus der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshal Rosenberg.

 

Hier werden Bedürfnisse als universelle Lebensmotive verstanden. Ein Motiv ist in der Psychologie eine Art Antrieb, etwas, das uns motiviert zu handeln. Alles was wir denken, fühlen und tun hat mit einem Bedürfnis zu tun: ob wir nun lesen, joggen, essen, uns mit jemandem verabreden oder uns streiten… all das dient der Erfüllung von Bedürfnissen.

Welche Bedürfnisse gibt es?

Nahrung (essen und trinken)

 

Sicherheit/Schutz/Vertrauen

 

Hilfe/Unterstützung

 

Gesundheit/Kraft

 

Verbundenheit, Liebe, Freundschaft

 

Ruhe

 

Erholung/ Entspannung

 

Rücksicht

 

Wertschätzung /Anerkennung

 

Bewegung

 

Spiel/Spaß/Leichtigkeit

 

Alle Menschen haben diese Bedürfnisse. Da gibt es erst einmal keinen Unterschied. Jeder Mensch auf dieser Welt braucht die oben genannten Dinge, um sich gut entwickeln zu können und gesund zu bleiben. Wir alle müssen essen, trinken und schlafen. Wir brauchen Menschen, mit denen wir uns verbunden fühlen, müssen uns bewegen und von Zeit zu Zeit ausruhen.

Die persönliche Bedürfnis-Hitliste erstellen

Worin wir uns allerdings unterscheiden, ist die Tatsache, wie bedeutsam die einzelnen Bedürfnisse für uns persönlich sind. Während für den einem Menschen Bewegung ganz oben auf der Bedürfnis-Hitliste steht, verbringt ein anderer seine Zeit lieber lesend auf dem Sofa. Während es für die eine unendlich wichtig ist, möglichst oft mit anderen Menschen in Kontakt zu sein, braucht die andere viel Ruhe und Zeit für sich allein. Hier lohnt es sich, genauer hinzusehen. Wenn Sie wissen, welches Bedürfnis Ihnen besonders wichtig ist, können Sie, dafür sorgen, dass es möglichst oft erfüllt ist. So haben Sie die Möglichkeit aktiv etwas dafür zu tun, dass es Ihnen möglichst oft möglichst gut geht.

 

Welches Bedürfnis ist Ihnen besonders wichtig? Bringen Sie die Bedürfnisse aus der Liste in eine für Sie stimmige Rangfolge, beginnend mit dem für Sie wichtigsten.

Strategien entwickeln und umsetzen: Aktive Selbstfürsorge

Wenn Sie Ihre Bedürfnis-Favoriten identifiziert haben, sind Sie sich schon ein ganzes Stückchen nähergekommen. Allerdings gehen wir noch Schritt weiter und werden praktischer. Sie entwickeln Strategien d.h. konkrete Handlungen, die Ihnen helfen können Ihre Bedürfnisse zu erfüllen.

 

Mal angenommen, Sie haben festgestellt, Ruhe ist eines Ihrer wichtigsten Bedürfnisse. In einem zweiten Schritt können Sie nun Strategien sammeln, die Ihnen dabei helfen, ausreichend Ruhe in ihr Leben zu bringen. So könnten Sie z.B. :

 

· Pausen bewusst einplanen

 

· Spazieren gehen

 

· meditieren

 

· Entspannungsübungen nutzen

 

· ein Buch lesen

 

· Musik hören

 

· Einen Mittagsschlaf halten

 

 

Wenn Verbundenheit für Sie ein wichtiges Bedürfnis ist, könnten Sie :

 

· sich mit jemandem verabreden

 

· für andere da sein/zuhören

 

· jemandem anrufen

 

· einen Brief schreiben

 

· ein Geschenk machen

 

· Gemeinsame Aktivitäten planen und ausführen

 

Versuchen Sie für Ihre drei wichtigsten Bedürfnisse möglichst viele (mindestens aber sechs) Strategien zu finden. Je mehr Strategien Sie sammeln, desto mehr Möglichkeiten haben Sie, sich Ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Je häufiger Ihre wichtigsten Bedürfnisse erfüllt sind, desto wohler und zufriedener werden Sie sich fühlen.

Bedürfnisse und Gefühle

Gefühle sind wichtige Hinweisgeber in Bezug auf unsere Bedürfnisse. Sie zeigen uns, wie es um unsere Bedürfnisse bestellt ist. Wann immer es uns gut geht und wir uns wohlfühlen, können wir uns sicher sein, dass eines oder mehrere wichtige Bedürfnisse erfüllt sind. Geht es uns schlecht und wir fühlen uns unzufrieden, bedeutet das, dass eines oder mehrere Bedürfnisse nicht erfüllt sind.

 

Die Aufmerksamkeit für unsere Bedürfnisse hat allerdings nicht nur langfristige Effekte für unsere Wohlbefinden.

Erste Hilfe in schwierigen Situationen-Der Bedürfnischeck

Auch wenn wir gelernt haben, besser in Kontakt mit uns zu sein und für die Erfüllung unserer Bedürfnisse zu sorgen, wird es immer mal Situationen geben, in denen es uns nicht gut geht. Manchmal haben wir ein latentes Gefühl von Unzufriedenheit und Unwohlsein, dass wir gar nicht näher benennen können.

 

Wie oben beschrieben können wir sicher sein, dass dann ein Bedürfnis unerfüllt ist.

Hier empfiehlt sich ein kurzer Bedürfnischeck. Nehmen Sie sich dazu einfach die Bedürfnisliste (real oder in Gedanken) vor und gehen die einzelnen Bedürfnisse nach und nach durch, in dem Sie sich fragen:

 „Könnte es vielleicht sein, dass ich gerade ….. (Bedürfnis einsetzen) brauche?“

 

Wann Sie das „richtige“ Bedürfnis getroffen haben, merken Sie in der Regel recht deutlich an einer Art körperlichen Erleichterung oder Entspannung. In einem zweiten Schritt können Sie nun überlegen, was Sie tun können, um das entsprechende Bedürfnis zu versorgen.

Verbindung geht vor Erfüllung

Nicht immer wird es gelingen, ein Bedürfnis umgehend zu erfüllen. Manchmal dauert es ein bisschen, manchmal können uns trotz guten Willens und aller Kreativität die Hände gebunden sein.

In solch einem Moment ist es hilfreich, diesen Umstand zu akzeptieren und sich empathisch die eigene Enttäuschung oder Entbehrung zuzugestehen:“Ja, mein Bedürfnis nach… ist nicht erfüllt. Das finde ich… Wenn Sie so auf ein (im Moment) nicht zu erfüllendes Bedürfnis reagieren, bleiben Sie zumindest achtsam mit sich selbst verbunden und das ist es, was Rosenberg, der Gründer der Gewaltfreien Kommunikation, für noch entscheidender als die Erfüllung des Bedürfnisses selbst hält.

 

Die Beschäftigung mit unseren Bedürfnissen hilft uns, uns selbst wieder ein Stück näher zu kommen. Sie ist ein Stück Selbstfürsorge auf lange Sicht genauso wie in herausfordernden  Situationen.

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